
Eintrag vom: 19.06.2017
Schwanewede. Dooah Akdah aus Syrien hat gerade die Realschule absolviert. Jetzt möchte sie gerne Zahntechnikerin werden. Jahn Azizi aus Afghanistan hat in seinem Heimatland in der Altenpflege gearbeitet. Im Moment jobbt er in einem Dönerladen. Abdullah Treve wiederum hat in Syrien zwei Jahre lang ein Studium als Computeringenieur absolviert und belegt derzeit den vorgeschriebenen B 2 Sprachkurs. Ihre Lebensläufe unterscheiden sich. Was die drei eint, ist die Flucht aus ihrer Heimat sowie die Suche nach einer Arbeit in Deutschland. „Deutschland ist kein einfaches Land, da gibt es viel Bürokratie", sagt Klaus Fitzner von der Ökumenischen Initiative Schwanewede. "Man muss auf jeden Fall dran bleiben.“ Fitzner blickt in die Runde. Rund 60 Teilnehmer sind an diesem Nachmittag im Gemeindehaus an der Ostlandstraße zusammengekommen. Es soll ein Kennenlernen sein von in Schwanewede wohnhaften Flüchtlingen, Gewerbetreibenden und Vertretern des Jobcenters. Ein Ausloten der Rahmenbedingungen und der eigenen Qualifikation mit Blick auf möglichst baldige Vermittlung in Praktika, Ausbildung und Arbeit. Einige verheißungsvolle Anfänge, teils mithilfe engagierter Begleiter, seien bereits zu verzeichnen, berichtet Gudrun Chopin von der Ökumenischen Initiative. So durchlaufe ein junger Afghane derzeit eine Einstiegsqualifikation bei einem Isolier- und Heizungsunternehmen und werde bald eine Ausbildung beginnen. Ferner habe eine junge Libanesin gerade einen Ausbildungsvertrag bei einem ortsansässigen Bäcker unterschrieben. „Ich bin überglücklich, dass das geklappt hat“, sagt Gudrun Chopin. Für die Flüchtlinge bedeute Arbeitslosigkeit oft eine schwere seelische Belastung. Björn Ohlandt vertritt als Vorsitzender des Gewerbevereins Schwanewede knapp 120 Unternehmen aus der Region von der Anwaltskanzlei bis zur Zimmerei. „Viele Handwerksbetriebe suchen händeringend Mitarbeiter. Dies kann eine erste Plattform sein, sich mit den Unternehmen auszutauschen“, begrüßt Ohlandt das von der Ökumenischen Initiative anberaumte Treffen. Auf Zetteln hatten die Flüchtlinge ihre Kontaktdaten, Qualifikationen und Berufswünsche notiert. Auch im Bereich der Weiter- und Ausbildung gebe es Möglichkeiten, betont Ohlandt: „Wir wollen dieses Treffen als Multiplikator der Firmen ausprobieren und unsere Mitglieder interessant machen. Integration findet auch über Arbeit statt.“ Über Möglichkeiten, den Arbeitgeber bei einem Arbeitsverhältnis mit einem Geflüchteten zu unterstützen, informiert Markus Thorn vom Jobcenter Osterholz. Die Unterstützung betreffe allerdings ausschließlich anerkannte Asylbewerber. Er schnitt auch konkrete Fragestellungen an. Zum Beispiel, ob die Möglichkeit besteht, einen LKW-Führerschein bezahlt zu bekommen? Für Aufwendungen von mehreren tausend Euro bedürfe es einer schriftlichen Einstellungsbestätigung des künftigen Arbeitgebers, betont Thorn. In Bezug auf Lohnkostenzuschüsse teilte Thorn mit, dass diese Möglichkeit von der Art der Tätigkeit abhänge. Viele Flüchtlinge beklagen, dass sie trotz erfolgreich absolvierter Sprachkurse nur wenig Kontakt zu Einheimischen hätten. Da sei es schwer, die erworbenen Kenntnisse zu vertiefen. Das Beherrschen der deutschen Sprache sei aber eine Grundvoraussetzung. Gudrun Chopin berichtet, dass es durchaus Tätigkeiten gebe, bei denen zunächst rudimentäre Kenntnisse ausreichten. Sie nannte das Beispiel eines Kurierfahrers, der trotz ausbaufähiger Deutschkenntnisse erfolgreich seinen Job meistere. Markus Thorn erwähnt, dass viele Abschlüsse aus den Heimatländern der Neu-Schwaneweder in Deutschland nicht anerkannt würden: „Dann muss man gucken, wie man diese Anerkennung erlangt oder ob man anderweitig Erfahrung in dem Arbeitsbereich sammeln kann“. Man müsse ehrlich sein: Nicht jedes Praktikum führe zu einem Arbeitsvertrag. Wichtig sei, betont Thorn, ein ständiger Austausch mit dem Jobcenter über anstehende oder in Aussicht gestellte Tätigkeiten. Der Jobcenter-Mitarbeiter lobt das System der Dualen Ausbildung in Deutschland, das in vielen Ländern unbekannt sei. Viele Flüchtlinge formulieren bei diesem Treffen ihre Jobwünsche. Eine Steuerberaterin macht einigen Teilnehmern Hoffnung, bei ihr ein Praktikum als Bürokauffrau absolvieren zu können. Ein nächsten Treffen soll schon bald folgen, blicken die Veranstalter voraus. Sie hoffen, dass sie dann bereits von ersten Erfolgen berichten können. „Der persönliche Kontakt zu den Betrieben ist wichtig“, macht Björn Ohlandt den Anwesenden Mut. Der Gewerbeverein bedankt sich für die Veröffentlichung beim Verfasser dieses Artikels: Alexander Bösch / Weser-Kurier / Die Norddeutsche